20. Mai 2020
Den Unbarmherzigen beißen die Hunde
Die zwölf Knaben.
Vor vielen hundert Jahren hatte sich der Edelmann von Hundbiß (Humpiß, Humpis), er entstammte dem reichen württembergischen Humpisfamilie, in Waltrams bei Weitnau niedergelassen. Als er in den Krieg zog, ließ er seine Ehefrau zurück, zu der eines Tages ein armes Weib kam. Sie flehte die Edelfrau an: "Geben Sie mir und meinen vielen hungernden Kindern eine Gabe, ein Stück Brot. Wir müssen in diesen schlimmen Zeiten überleben." Die Edelfrau war harten Herzens und wies die Bettlerin schroff ab. Sie scheute sich sogar nicht, dem Weibe wegen ihrer vielen Kinder gefühllos und höhnisch Vorhalte zu machen: "Wenn du so arm bist, warum hast du dann geheiratet und so viele Kinder in die Welt gesetzt?" Durch diese Vorwürfe war die Bettlerin von Ingrimm erfasst und sprach die Verwünschung: "Weil du mir meine vielen Kinder so hartherzig vorhältst, so sollst du auf einmal deren gleich so viel bekommen, wie es Monate im Jahr gibt!"
So geschah es: Die Edelfrau gebar in den nächsten zwölf Monaten zwölf Kinder. Sie war darüber über die Maßen entsetzt und hatte große Furcht: Was wird der Gemahl sagen, wenn er zurückkommt? Er wird sie der Untreue bezichtigen! Deshalb befahl sie einer Magd, dass sie elf der Knaben in einem Korb zum Mühlbach trage und dort ertränke. Würde sie unterwegs gefragt, was sie in dem Korb habe, solle sie sagen: junge Hunde, die sie ertränken müsse.
Als die Magd auf dem Weg war, traf sie auf den vom Krieg zurückkehrenden Edelmann. Er hielt sie an und fragte, wohin sie wolle und was sie im Korb habe. Ja, der Hund habe geworfen und jetzt müsse sie die Jungen im Mühlbach ertränken. Sie solle die Hündchen einmal sehen lassen – und auch wenn die Magd furchtbar erschrocken war, musste sie den Korb aufdecken und alles kam auf: Sie musste dem Herrn alles erzählen. Darauf gebot ihr der Edelmann, sie solle keinem Menschen etwas sagen und auch der Frau nichts anderes melden, als dass sie den Befehl ausgeführt habe.
Die elf Knaben ließ er aber insgesamt in einem Hause unterbringen, hier wurden sie gepflegt und aufgezogen und allesamt gediehen wohl. Als sie nun das zwölfte Jahr erreicht hatten, ließ der Edelherr ein großes Festmahl veranstalten, zu dem viele Gäste kamen.
Heimlich brachte er die elf Knaben, die genau so wie der zwölfte gekleidet worden waren, ins Schloss und versteckte sie. Als nun alles beim Mahle saß und über Unterschiedliches gesprochen wurde, lenkte der Herr das Gespräch ganz unauffällig auf die Strafen, welche die unterschiedlichsten Vergehen verdienten.
Und wie sie so darüber miteinander diskutierten, wandte er sich wie zufällig zu seiner Gattin: "Was wird wohl eine Mutter verdienen, die ihre Kinder umbringt?" "Den Tod!" meinte die Frau. "So hast du dir selbst dein Urteil gesprochen," entgegnete der Herr, stand auf, öffnete eine Seitentüre und ließ die elf Knaben hereintreten, worauf er allen Anwesenden die ganze Geschichte erzählte.
Die Frau aber fiel schuldbewusst und reuevoll dem Gemahl zu Füßen und flehte um Gnade, die sie auch erhielt, worauf allgemeine Freude und großer Jubel das Fest verherrlichte. In dem Wappen der Hundbiß (Humpis) finden sich heute noch eine Anzahl Hunde, die an die Geschichte erinnern.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 2, S. 5 - 7.
Abbildung: Kapelle Waltrams. In der Kapelle, dem schönsten Kulturdenkmal von Waltrams, haben sich Frank und Nicole Rainalter das Ja-Wort gegeben.
Faktencheck:
Der Edelmann: Evtl. Hans Jakob Hundbiss von Waltrams. Er war im Bauernkrieg 1525 Führer des 12.000 Mann starken Seehaufens, bestehend aus Landsknechten, Geistlichen, Adligen und Bauern aus der Region Bodensee/Oberschwaben. Der Seehaufen und Allgäuer Haufen gewann in militärischer Auseinandersetzung gegen den Truchseß von Waldburg und damit Zugeständnisse für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bauern.
Das Humpis-Wappen:
Im Wappen des ältesten schwäbischen Adelsgeschlechts, der Humpis (oder Hompis, Humpiss, Huntpiss, Hundbiss, Hundpiz, Huntpitz) sind tatsächlich Hunde. Windhunde galten damals als edelste Jagdhunde und waren Ausdruck noblen und adeligen Selbstbewusstseins. So bedeutet der Familienname Humpis auch „Biss eines Hundes“ und steht zusammen mit dem Wappen für „Entschlossenheit und Durchset- zungsfähigkeit“. (Quelle: Arbeitskreis für Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen)
Die Familie:
Nachkommen der Humpis-Familie leben heute noch in der Nähe des Hanusel Hofs und man kennt sich. Ein Jagdrevier am Hauchenberg, das von Frank Rainalter betreut wurde, ist heute noch im Besitz der Humpis.
Vor vielen hundert Jahren hatte sich der Edelmann von Hundbiß (Humpiß, Humpis), er entstammte dem reichen württembergischen Humpisfamilie, in Waltrams bei Weitnau niedergelassen. Als er in den Krieg zog, ließ er seine Ehefrau zurück, zu der eines Tages ein armes Weib kam. Sie flehte die Edelfrau an: "Geben Sie mir und meinen vielen hungernden Kindern eine Gabe, ein Stück Brot. Wir müssen in diesen schlimmen Zeiten überleben." Die Edelfrau war harten Herzens und wies die Bettlerin schroff ab. Sie scheute sich sogar nicht, dem Weibe wegen ihrer vielen Kinder gefühllos und höhnisch Vorhalte zu machen: "Wenn du so arm bist, warum hast du dann geheiratet und so viele Kinder in die Welt gesetzt?" Durch diese Vorwürfe war die Bettlerin von Ingrimm erfasst und sprach die Verwünschung: "Weil du mir meine vielen Kinder so hartherzig vorhältst, so sollst du auf einmal deren gleich so viel bekommen, wie es Monate im Jahr gibt!"
So geschah es: Die Edelfrau gebar in den nächsten zwölf Monaten zwölf Kinder. Sie war darüber über die Maßen entsetzt und hatte große Furcht: Was wird der Gemahl sagen, wenn er zurückkommt? Er wird sie der Untreue bezichtigen! Deshalb befahl sie einer Magd, dass sie elf der Knaben in einem Korb zum Mühlbach trage und dort ertränke. Würde sie unterwegs gefragt, was sie in dem Korb habe, solle sie sagen: junge Hunde, die sie ertränken müsse.
Als die Magd auf dem Weg war, traf sie auf den vom Krieg zurückkehrenden Edelmann. Er hielt sie an und fragte, wohin sie wolle und was sie im Korb habe. Ja, der Hund habe geworfen und jetzt müsse sie die Jungen im Mühlbach ertränken. Sie solle die Hündchen einmal sehen lassen – und auch wenn die Magd furchtbar erschrocken war, musste sie den Korb aufdecken und alles kam auf: Sie musste dem Herrn alles erzählen. Darauf gebot ihr der Edelmann, sie solle keinem Menschen etwas sagen und auch der Frau nichts anderes melden, als dass sie den Befehl ausgeführt habe.
Die elf Knaben ließ er aber insgesamt in einem Hause unterbringen, hier wurden sie gepflegt und aufgezogen und allesamt gediehen wohl. Als sie nun das zwölfte Jahr erreicht hatten, ließ der Edelherr ein großes Festmahl veranstalten, zu dem viele Gäste kamen.
Heimlich brachte er die elf Knaben, die genau so wie der zwölfte gekleidet worden waren, ins Schloss und versteckte sie. Als nun alles beim Mahle saß und über Unterschiedliches gesprochen wurde, lenkte der Herr das Gespräch ganz unauffällig auf die Strafen, welche die unterschiedlichsten Vergehen verdienten.
Und wie sie so darüber miteinander diskutierten, wandte er sich wie zufällig zu seiner Gattin: "Was wird wohl eine Mutter verdienen, die ihre Kinder umbringt?" "Den Tod!" meinte die Frau. "So hast du dir selbst dein Urteil gesprochen," entgegnete der Herr, stand auf, öffnete eine Seitentüre und ließ die elf Knaben hereintreten, worauf er allen Anwesenden die ganze Geschichte erzählte.
Die Frau aber fiel schuldbewusst und reuevoll dem Gemahl zu Füßen und flehte um Gnade, die sie auch erhielt, worauf allgemeine Freude und großer Jubel das Fest verherrlichte. In dem Wappen der Hundbiß (Humpis) finden sich heute noch eine Anzahl Hunde, die an die Geschichte erinnern.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 2, S. 5 - 7.
Abbildung: Kapelle Waltrams. In der Kapelle, dem schönsten Kulturdenkmal von Waltrams, haben sich Frank und Nicole Rainalter das Ja-Wort gegeben.
Faktencheck:
Der Edelmann: Evtl. Hans Jakob Hundbiss von Waltrams. Er war im Bauernkrieg 1525 Führer des 12.000 Mann starken Seehaufens, bestehend aus Landsknechten, Geistlichen, Adligen und Bauern aus der Region Bodensee/Oberschwaben. Der Seehaufen und Allgäuer Haufen gewann in militärischer Auseinandersetzung gegen den Truchseß von Waldburg und damit Zugeständnisse für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bauern.
Das Humpis-Wappen:
Im Wappen des ältesten schwäbischen Adelsgeschlechts, der Humpis (oder Hompis, Humpiss, Huntpiss, Hundbiss, Hundpiz, Huntpitz) sind tatsächlich Hunde. Windhunde galten damals als edelste Jagdhunde und waren Ausdruck noblen und adeligen Selbstbewusstseins. So bedeutet der Familienname Humpis auch „Biss eines Hundes“ und steht zusammen mit dem Wappen für „Entschlossenheit und Durchset- zungsfähigkeit“. (Quelle: Arbeitskreis für Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen)
Die Familie:
Nachkommen der Humpis-Familie leben heute noch in der Nähe des Hanusel Hofs und man kennt sich. Ein Jagdrevier am Hauchenberg, das von Frank Rainalter betreut wurde, ist heute noch im Besitz der Humpis.